Mittwoch, 2. Januar 2008

Erkenntnisse über die Welt 1

Über den Text: Dieser kleine Text handelt von der Realität und davon, dass man selbige objektiv nicht erfassen kann. Bitte lehnen Sie sich zurück und geniessen Sie die nächsten Zeilen. Sie könnten Ihr Weltbild verändern.

"Gott ist die Welt schlecht", "Niemand kann mich leiden", "Ich werde von allen gemobbed", "Das Mädchen hat sicher nen Freund". Sie kennen diese Sätze?
Herzlichen Glückwunsch. Damit gehören Sie nämlich zu den Menschen, welche glauben sie könnten die Welt objektiv beurteilen. Verabschieden Sie sich von dieser Vorstellung! Sie ist schlichtweg falsch. Wie eine objektive Realität existiert nicht? Wenn Sie sich genau jetzt diese Frage stellen, dann darf ich Ihnen gratulieren. Sie denken schon einmal über den Text nach. Aber leider haben Sie die letzen Sätze falsch interpretiert. Ich sagte nicht, dass es keine objektive Realität gibt. Ich sagte sie könen diese nur nicht erkennen. Sie fragen sich jetzt sicher warum. Das will ich Ihnen an einem kleinen Beispiel verdeutlichen.

Nehmen wir an es habe sich ein Unfall ereignet und 5 Zeugen hätten diesen beobachtet. Sie werden 5 verschiedene Versionen bekommen. Der Grund dafür? Jeder Mensch "sieht" die Welt mit seinem Gehirn. Dort wird die Realität zusammengesetzt. Da nun kein Mensch den anderen gleicht baut sich jeder seine Realität nach einem individuellen einzigartigen Muster zusammen, welches man für die objektive Realität hält. Wie Sie sich vorstellen können kann sich Ihre subjektive Realität erheblich von der objektiven unterscheiden. Ein Beispiel?

Stellen Sie sich folgendes vor. Sie betreten ein Zimmer in dem alle anwesenden Personen sich köstlich amüsieren. Wenn sie nun das Zimmer betreten verstummen diese schlagartig. Was ist Ihr erster Gedanke? Die haben über micht gelacht. Das sie aber ü,ber Ihren Chef gelacht haben, welcher gerade hinter Ihnen an der Tür vorbeigeht, wird Ihnen nicht in den Sinn kommen, obwohl es sich hierbei um die Wahrheit handelt. In Ihrer Realität wurde über sie gelacht. Sie sehen den Unterschied zwischen objektiver und subjektiver Realität und warum sie letztere nicht erkennen können. Damit lebt jeder Mensch in seiner eignen Realität ohne die Realitäten der anderen Menschen genau zu kennen.

Worauf will ich hinaus? Ganz einfach hinterfragen Sie Ihre Realität. Ist es wirklich die Welt, die schlecht ist oder sind Sie nur schlecht gelaunt und schieben Ihre schecht gelaunt und schieben ihren Frust auf andere.
Kann Sie wirklich niemand leiden oder ist es in Wirklichkeit nur ein ganz kleiner Kreis. Bedenken sie 99,9% der Menschheit kennt Sie gar nicht.
Werden Sie wirklich gemobbed oder bilden Sie sich das nur ein.
Ist der Typ bei dem hübschen Mädchen wirklich der Freund oder glauben Sie das nur.

Verpassen Sie also niemals mehr eine Gelegenheit nur auf Grund Ihres Glaubens. Verschaffen Sie sich das Wissen. Das Schlimmste was Ihnen passieren kann ist, dass sich Ihr Glauben als Tatsache herausstellt und dann können Sie etwas dagegen unternehmen. In den meisten Fällen werden Sie aber feststellen, dass die Wahrheit ganz anders ist. Limitiern Sie sich nicht selbst sondern werden Sie ein freier, glücklicherer Mensch.

Beschreibung eines Zimmers

Wir betreten ein Zimmer. Größe etwa 16 Quadratmeter. Höhe zwei Meter 50. An der Wand rechts neben der Tür befindet sich ein Poster. Es zeigt eine Cola Dose mit Kondenztropfen. Wir schließen die Tür, eine helle klarlackierte Holztür mit Glaseinsatz hinter uns und schauen und weiter in dem Zimmer um. Auf dem Holzboden befindet sich ein weißer Teppich worauf ein Jugendlicher im Schlafsack liegt. Doch dazu später mehr. Zu unserer Linken befindet sich ein Schreibtisch, darüber ein offenes Regal. Der Schreibtisch ist peinlich genau aufgeräumt. Stifte befinden sich in den dafür vorgesehenen Behältern. Ein Lineal liegt in einer kleinen Mulde im Schreibtisch. Ein paar Blätter liegen drauf. Geordnet, die Seitenkante paralell zu den Tischkanten. Im hinteren Bereich des Tisches steht ein Computermonitor der von einer roten Staubabdeckung aus Plastik umschlossen ist. Kabel verlaufen vom Monitor unter den Tisch. Eins zu einer Tastatur. Auch sie besitzt eine Staubabdeckung aus Plastik. Sie ist farblos und durchsichtig. Das andere Kabel verläuft zum Computertower. Er ist staublos. Vor dem Schreibtisch ein kleiner Bürostuhl. Die Lehne des Stuhles berührt die Tischkante. Aufgeräumt. Wenden wir nun unseren Blick dem Regal zu. Es hat drei Ebenen. Die oberste Ebene ist voller Bücher, Jugendbücher, Mädchenliteratur. Alle dicht an dicht, Buchrücken berührt Buchdeckel. Die zweite Ebene enthält ebenso Bücher.

Romane. Bei der untersten Ebene verhält es sich anders. Links und Rechts Bücher. Sachbücher, Schulbücher, Wörterbücher, Lexikas. In der Mitte eine freie Stelle. Ein paar Blätter liegen dort. Auf den den Blättern eine Schachtel Antibabypillen. Hinter dem Regal befindet sich ein CD Ständer. Er enthält einige CDs, gebrannte und originale. Darüber auf einem mit der Wand verbundenen Holzbrett ein kleiner Fernseher mit Videorekorder.

Unsere Augen wandern weiter durch das Zimmer und erreichen nun die Rückwand, welche aus einem großen Fenster besteht, das die obere Hälfte ausfüllt, die untere Hälfte wird von einer Heizung dominiert. Vor dem Fenster zugezogene gelbe Vorhänge, durch die das komplette Zimmer eine gelbe Färbung bekommt. Keine Rolläden. Nun zur rechten Wand. Gleich nach dem Fenster wieder ein kleines Regal, welches voller Software ist. Computerspiele oder Arbeitsprogramme. Danach beginnt ein Bett in dem eine Jugendliche schläft. Auch diese Beschreibung später. Über dem Bett eine Leiste. An ist eine Lampe angebracht. Auf der Leiste Stofftiere, Fotos - das Mädchen mit Familie, das Mädchen mit Freunden, das Mädchen alleine - Pokale und Medallien. Darüber ein Schrank mit geschlossenen Türen. Nach dem Bett ebenfalls ein Schrank, wahrscheinlich der Kleiderschrank.
Beenden wir nun den Rundgang durch das Zimmer und wenden wir unsere Aufmerksamkeit den beiden Personen im Raum zu. Zuerst zu dem Mädchen. Sie ist etwa 19 Jahre alt, blond, Kurzhaarfrisur, die Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet so dass man ihre weißen Zähne leicht unter ihren blassroten, dünnen Lippen hervortreten sieht. Ihre Haut ist blass, Sommersprossen ziehren ihr hübsches, entspanntes Gesicht. Sie schläft auf ihren Rücken. Fast der komplette restliche Körper ist unter der himmelblauen Bettdecke des Federbettes verborgen, die sich gleichmässig im Atemrhythmus des schlafenden Mädchens hebt und senkt. Der restliche Körper lässt sich nur erahnen, schlank, etwa 1,60 groß, die Arme neben dem Körper. Die linke Hand ragt unter der Decke hervor feingliedrige lange Finger, die Fingernägel mit klaren Nagellack lackiert. Sie sind sauber geschnitten. Selbiges gilt für ihren nackten linken Fuss, der ebenfalls nicht von der Decke verdeckt wird. Etwa Schugröße 35. Nun zu dem Jungen. Auch er ist etwa 19 Jahre alt, schlank, er liegt in einem grünen Schlafsack, der auf einer grünen Isomatte liegt, die sich wiederum auf dem weißen Teppich befindet. Auch der etwa 1,80 lange Junge liegt auf seinen Rücken, sein Körper befindet sich fast komplett in dem Schlafsack, nur Schultern und der Kopf sind frei. Dieser ruht auf einer Mischung aus Kissen und einem zusammengefalteten Sweatshirt. Er ist wach, seine braunen Augen sind auf das schlafende Mädchen gerichtet. Er lächelt glücklich und zufrieden.

Quo vadis germania?

Quo vadis Germania?

Diese Frage stellt man sich nicht nur in musikalischer Hinsicht, wenn man sich Veranstaltungen wie den Gran Prix de Eurovision oder DSDS anschaut. Nein die Frage stellt man sich viel mehr in Bezug auf Deutschland selbst.

Sie fragen sich jetzt sicherlich worauf ich anspiele? Die Antwort ist ganz einfach nämlich auf das Ergebnis einer Studie um Auftrag der Zeitschrift TV Hören und Sehen. Diese Studie hatte den Sinn herauszufinden wie viel Prozent der Einwohner unserer Republik die täglichen Nachrichten und insbesondere die Tagesschau verstehen. Das Ergebnis? Alarmierend wenn nicht sogar katastrophal. Ganze 12% verstehen die täglichen Nachrichten. Das bedeutet 88% verstehen Bahnhof und noch weniger. Dabei wurden nicht einmal besonders schwierige Fragen gestellt wie zum Beispiel wie der Präsident Guatemalas heißt und warum im der Westsahara seit über 25 Jahren Krieg herrscht. Nein es wurden nach so unglaublich schwierigen und unverständlichen Fachbegriffen wie SCUD- Raketen, AWACS Aufklärungsflugzeugen und Konvergenzkriterien gefragt die eigentlich jeden Bürger dieser Republik bekannt sein sollten. (Mit dem ersten Begriff konnten immerhin 12% der Befragten etwas anfangen, den 2. kannten 17% und den 3. sogar stolze 31%).

Man könnte nun meinen, dass ein Aufschrei durchs Land ginge und die Bevölkerung auf die Idee käme, dass ihre Bildung schlicht und einfach nicht vorhanden sei und es jetzt höchste Zeit sei ihr Allgemeinwissen wieder aufzufrischen. Die Aktuellen Ereignisse haben ja auch nicht im geringsten Einfluss auf unsere Zukunft. Doch leider ist das nur Wunschdenken. Die Realität ist mal wieder ganz anders. Nein nicht die Bevölkerung sondern die Nachrichtensendungen bekommen den schwarzen Peter zugeschoben. Sie würden zu viele Fremdworte benutzen, die Sätze seinen zu lang und überhaupt würden die Bilder nicht zu dem Gesagten passen. Gefordert werden deshalb kurze Sätze, das Vermeiden von Fremdwörtern (Konvergenzkriterium ist ein deutsches Wort!!) und dass die Bilder zu den Worten zu passen haben. In "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley wird so die Zeitung der Deltas beschrieben. Zur Gedächtnisauffrischung Deltas sind in Huxleys System die zweitniedrigste Gesellschaftsstufe, sprich Personen, deren Intelligenz gerade dazu reicht Lifte zu bedienen und Straßen zu kehren. Finden sie es nicht auch erschreckend auf so ein niedriges Niveau gestellt zu werden?

Oder sind sie etwa froh, dass ihnen wenigstens diese Tätigkeiten zugetraut werden. Wenn sie zu letzteren gehören sollten sie es unterlassen ihre Kopfhörer abzunehmen. Ich möchte nicht für ihren Erstickungstod verantwortlich sein!

Außerdem passt diese Beschreibung perfekt auf eine große deutsche Tages"zeitung" deren Name ich nicht nenne und bei der der durchschnittliche IQ der Redaktion mit Mühe zweistellige Bereiche erreicht. Es stellt sich nun aber die Frage ist die deutsche Bevölkerung wirklich zu blöd die Nachrichten zu verstehen? Falls dies wirklich zutrifft wäre es eine mittlere Katastrophe, dies würde nämlich bedeuten, das 9 von 10 Wahlberechtigten nicht aus Überlegung und der Abwägung welche Regierung, dass beste für Deutschland wäre, wählen sondern aus dem Bauch heraus. Das bedeutet unter anderem auch, dass jemand gewählt wird, weil die Person bzw. die Partei gerade in den Medien beliebt ist. Was das für eine Demokratie bedeutet kann sich jeder selber ausmalen.

Ein kleiner Tipp 1932 hatten wir eine ähnliche Situation. Insgesamt gesehen könne wir wohl froh sein, dass die entsprechenden Kräfte die Lage entweder nicht erkennen beziehungsweise so zerstritten sind, dass sie im Moment relativ ungefährlich sind. Doch wer die Geschichte kennt weiß auch wie schnell sich das ändern kann. Wohin wird das noch alles führen? Gute Frage. Auf kurz oder lang jedenfalls zu einer Einschränkung der Demokratie. Ein schönes Beispiel dafür ist die USA in der die Volksverdummung schon so weit fortgeschritten ist, dass die Bevölkerung auch die krassesten Propagandalügen wie z.B. die unglaublich große Bedrohung durch irakische Atomwaffen schlucken und für wahr halten. Aber vielleicht wäre ja das Ergebnis anders ausgefallen, wenn die Interviewer nach wirklich wichtigen Themen gefragt hätten. Zum Beispiel in welcher Reihenfolge die Kandidaten bei Deutschland sucht den Superstar ausgeschieden sind oder wie nun die beiden Affären von Oliver Kahn hießen oder wie oft Bayern gegen Schalke gewonnen hat und wieso der eine bei GZSZ grad was mit der hat zu gleich aber einen Laden aufmacht und trotzdem noch die Alimente für die unehelichen Welpen seines Pinscherrüden zahlen muss. Der Autor dieses Artikels muss zu seiner Schande gestehen, dass er in diesen lebensnotwendigen Gebieten leider nicht bewandert ist. (Achtung Ironie!!!)
Persönlich glaube ich jedoch, dass die Wissensquote in dieser Thematik bei der restlichen Bevölkerung des Landes der Dichter und Denker wohl deutlich über 60% liegen würde. Aber was rege ich mich darüber auf? Jedes Volk hat die Medien und die Regierung, die es verdient. Schließlich wurde ja beides vom Volk gewählt. Zum Schluss noch eine unbestätigte Meldung. Angeblich wurde der königsberger Friedhof für Besucher gesperrt. Die Leiche Immanuel Kants soll nämlich so sehr in ihrem Grabe rotieren, dass man die Sicherheit der Besucher nicht mehr gewährleisten kann. In diesem Sinne Aufklärung ist der Aufstand des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Möge das Zeitalter der Aufklärung nicht ganz umsonnst gewesen sein.

Amen.

Drei Abende

"Verzeihung werte Dame, seid ihr euch sicher, dass ihr hier richtig seid? Der Bühneneingang befindet sich drei Türen weiter." Köpfe reckten sich zum Eingang des kleinen Varietes und betrachteten den neuen Gast. Gelächter bach aus. Die Köpfe richteten sich danach wieder auf die kleine, mäßig beleuchtete Bühne. "Nun das war es dann auch wieder für heute. Bleiben sie ruhig hier und geniesen sie auch das restliche Programm. Auch wenn sie nur wegen mir gekommen sind." Gelächter. "Nun mich können sie dann morgen wieder sehen." Tusch. Verbeugung. Spotlight auf den Künstler. Applaus. Spotlight weg. Abgang. Dafür interessierte sich die zuvor angesprochene Frau nicht. Sie suchte sich derweil einen der hinteren, im halbdunklen liegenden, Ecktische und winkte nach einem der Kellner. Dieser deutete, dass er gleich kommen würde. Balancierte sein Tablett zu einem anderen Gast, brachte diesen seine Bestellung und ging dann zu der Fremden. "Sie," kurzes Stocken,"wünschen?" "Eine Flasche CHÂTEAU D'YQUEM, Jahrgang 1982, zwei Gläser und ein kurzes Gespräch mit Herren Streicher." Irgendetwas war seltsam an dieser Frau, deren Oberkörper und Gesicht im Schatten des kleinen Separees lag. Irgendetwas war in ihrer, melodiösen, weiblichen Stimme, dass bei dem Kellner eine Gänsehaut entstehen lies. "Wie sie wünschen," wieder ein kurzes Stocken, "ich werde sehen was ich machen kann. Sie heißen?" "Annabelle de Moivre" Der Kellner wendete sich ab. Schneller als bei anderen Gästen und war froh nicht mehr in der Nähe dieser seltsamen Frau sein zu müssen. Seine Gänsehaut lies nach. Er ging zur Bar. "Max eine Flasche Château Sociando-Mallet und die Dame will Josef sprechen. Du irgendwie ist die mir nicht geheuer." "Weil sie ne Flasche Weißwein bestellt, die 329 Euro kostet? Die will den sicher engagieren, also bring der Dame den Wein und ich hohl Josef." "Wie du meinst ich hab dennoch ein komisches Gefühl." "Papperlapapp. Du und deine komischen Gefühle. Solltest neben deinem Studium und den Job hier mehr unter Menschen gehen und nicht die restliche Zeit zu Hause versauern, dann vergehen die komischen Gefühle ganz von selbst und jetzt lass die Dame nicht warten." Max drückt ihm zwei Weingläser und die bestellte Flasche in die Hand. Der Kellner brachte die Flasche zu den Tisch, kassierte die Rechnung, steckte sein Trinkgeld ein und kümmerte sich dann sichtlich erleichtert um die anderen Gäste.

Derweil an der Bar. "Hey erledige mal kurz die Bar. Ich muss kurz hinter die Bühne, Josef sprechen." "Gut Chef". Max, etwa 1,85 groß, normale Figur, perfekt frisiertes kurzes schwarzes Haar, schwarzer Anzug, polierte schwarze Lackschuhe, verließ den Tresen und ging durch eine Tür, über der "Nur für Personal" stand, hinter die Bühne. Er durschritt einen kurzen geweiselten Gang bog einmal links ab und erreichte den Künstlerbereich in welchen sich gerade zwei bald auftretende Artisten dehnten und streckten. "Wo ist Josef?" "In seiner Garderobe, wo sonnst?" "Vielen Dank." Max ging zu Josef´s Garderobe und klopfte kurz aber kräftig an. Nach einigen Momenten ertönte ein "Komm herein Max. Es ist offen.", durch die Tür. Er betrat den Raum, schloß hinter sich die Tür und sah Josef, der gerade das Programm des morgigen Abends durchging, auf seinen Stuhl sitzen. "Nun was willst du Max? Ich werde doch keine Gehaltserhöhung bekommen?" Ein kurzes Lächeln glitt über Max Gesicht. "Nun von mir zwar nicht, aber Geld könntest du tatsächlich bekommen. Du erinnerst dich an die Dame, die am Ende deines Auftritts das Varieté betreten hat?" "Du meinst diese Hammerbraut mit dem Kleid und dem Schmuck aus dem Theaterfundus?" "Ich glaube das Kleid und der Schmuck sind echt. Sie hat ne Flasche CHÂTEAU D'YQUEM, Jahrgang 1982 bestellt und gleich bar bezahlt gab Michael noch ein fürstliches Trinkgeld und sie will dich sprechen." "Oh", Josef war tatsächlich etwas überrascht, "sie gab Michael ein fürstliches Trinkgeld?" Deutliche Überraschung liegt in seiner Stimme "Nun dann wollen wir doch die Dame nicht warten lassen." Ein verschmitztes Lächeln erschien auf Josefs Gesicht. "Ist schon ne Zeit lang her, dass ich so teuren Wein getrunken hab. Ich werde gleich kommen." "Gut." Max verließ darauf hin den Raum. Josef betrachtete sich ausführlich in seinem Spiegel, frisierte sein Haar, glättete die Falten in seiner Kleidung, besprühte sich mit einigen Tropfen Deodorant und verließ mit einem fröhlichen "Na dann wollen wir mal" seine Garderobe.

Wieder vor der Bühne. Inzwischen war eine Akrobatennummer auf der Bühne. Ein Mann und eine Frau, die die Aufmerksamkeit des Publikums mit gekonnten Kraftnummern und gespielter Leichtigkeit gefangen nahmen. Annabelle de Moivre interessierte das nicht. Ihre gesamte Aufmerksamkeit galt der kleinen Tür, die zum Backstage-Bereich führte. Der Typ von der Bar war vor ein paar Minuten wieder herausgekommen und keiner der Kellner hatte ihr bis jetzt eine Absage Streichers erteilt. Es dürfte also nicht mehr lange dauern, bis er endlich erschien. Sie versuchte sich zu entspannen. Es stank erbärmlich. Nach Schweiß von primitiven Tier, mühsam überdeckt durch billige Deodorants. Doch darunter mischte sich noch ein anderer Geruch. Ein lieblicher Geruch. Ein schmeichelhafter Geruch. Ein Geruch der ihre Sinne zu vernebeln drohte. Ihre mühevoll aufgebaute Fassade brüchig werden lies. Leben. Leben, dass durch Adern floss, dass den widerlichen Gestank überdeckte. Das... Sie schüttelte kurz den Kopf. Nein sie musste sich noch gedulden. Nur noch heute. "Ah! Da kommt ja meine Bestellung", dachte sie.

In der Tat Streicher kam endlich aus der Tür, wechselte ein paar Worte mit anderen Gästen, lies das eine oder andere Foto von sich machen und zwängte sich mit sanfter Gewalt, ganz der Profi eben, zu dem im halbdunklen liegenden Ecktisch. "Verzeihen sie meine Verspätung. Ich musste noch etwas erledigen, dass keinem Aufschub duldete. Sie sind also Madame de Moivre?" "Ja" tönte es aus dem Halbdunkel. "Setzen sie sich doch." Streicher setzte sich auf dem ihn angebotenen Platz und versuchte seine Gegenüber zu mustern. Es gelang nicht. "Teufel normalerweise ist es hier nicht so dunkel." Laut sagt er: "Weshalb wollen sie mich sprechen." Die Antwort kam prompt:"Ich will sie engagieren. Für eine private Feier. Wir wollen sie als Moderator für das Rahmenprogramm und natürlich für einige kleine Nummer zwischendurch. Termin wäre nächsten Samstag 20:30 in der Rubensteinstraße 35." "Rubensteinstraße," schoss es Streicher durch den Kopf, "das ist die absolute Top Adresse. Künstleratilies, Feinkostläden, Cafes usw. Da kostet eine Tasse Kaffee mehr also hier ein 2 Gänge Menü." Laut sagte er hingegen: "Ich muss kurz in meinem Terminkalender nachschauen." Er zog seinen leeren Terminkalender hervor. Ein Relikt aus besseren Tagen. Damals als er noch eine eigene Fernsehshow hatte. "Samstag sagten sie? Das wäre mein freier Tag. Aber sie wissen ja. Ich bin nicht der billigste." "Reichen 10.000 für den Abend?" "10000. ZEHN TAUSEND!!", hallte es in seinem Kopf,"das letzte mal dass ich 10.000 hatte war, als ich meinen Mercedes zwangsversteigern musste." Seine Hände wurden feucht. "Hoffentlich merkt sie das nicht." Laut:"Damit lässt sich leben. Was muss ich genau tun?" "Wir lassen ihnen das nötige zukommen. Bis Samstag. Und genießen sie den Wein. Sehen sie ihn als kleine Anzahlung."

Mit diesem Worten stand sie auf und verließ das Lokal. Endlich raus aus diesem Gestank. Endlich weg von den Menschen. Streicher saß mit offenen Mund alleine an dem Ecktisch. War das ein Traum? War es Wirklichkeit? Die Flasche Wein stand vor ihm. Unangebrochen. Also doch Wirklichkeit. Irgendetwas war an der Frau seltsam. Nur was? Ihr Kleid, dass aussah als wäre es aus dem Theaterfundus? Dieser schwarze tiefgeschlitze lange Rock und die dazugehörige schwarze Korsage, die ihren nackten Rücken freigab? Das war sicher irgend so ein Trend bei den oberen 10.000. Die hatten ja dauernd irre Klamotten an. Nein es war irgendwas anderes. Nach dem vierten Glas Wein fiel es ihn wieder ein. Er kannte ihr Gesicht nicht. Obwohl das Gespräch über mehrere Minuten ging, kannte er es nicht. "Lag wohl am Schock. 10.000 Öcken für ne Moderation und ein paar Gags und mit ein wenig Glück wieder den Fuß im Big Business. Da kann man sowas schon mal übersehen. 10.000! Das Leben kann so wunderschön sein." Er nahm die Flasche Wein mit hinter in die Garderobe, packte seine Sachen und fuhr mit einem Taxi nach Hause. Nein in dem Zustand fuhr er nicht mehr Auto. Berauscht vom Wein und berauschst von der Aussicht des vielen Geldes. Nein, dafür riskierte er nicht seinen Führerschein. Dafür nicht.

Samstag eine Woche später.
"Rubensteinstraße 31, Rubensteinstraße 33, Rubensteinstraße 35. Ich bin da." Josef Streicher stand vor der ihm genannten Addresse. Ein Torbogen, der in einen gepflasterten Hinterhof führt. "Juppies.", dachte Josef. Er betrat den Hinterhof und suchte nach den Eingang oder einem Fenster. Nichts, nur Wände und eine Treppe, die nach unten ging. "Komischer Ort für einen Laden. Muss aber genug Kohle machen. Sonst würden sie mir nicht 10.000 anbieten und sonnst würde er sich hier nicht halten können." Josef stieg die 20 Stufen der Treppe hinab und stand vor einer mit seltsamen Figuren und Fresken verziehrten Holztür. "Schaut irgendwie okultistisch aus." Über der Tür befand sich in gothischen Lettern der Name des Ladens. "After Dusk". Josef schluckte unbewusst. "After Dusk. Deswegen diese Klamotte und der Name. Ich hätte es eigentlich wissen müssen." Das After Dusk war eine spezielle Kneipe für Leute, die den besondern Kick brauchten. Worin dieser Kick bestand darüber wurde geschwiegen. Dafür gab es Gerüchte, viele Gerüchte, seltsame Gerüchte. Gerüchte von Orgien im Stile der "120 Tage von Sodom". Unbstätigte Gerüchte. Gerüchte von Polizeirazzien, die ohne Beweise wieder abziehen mussten. Schweiß bildete sich auf Josefs Stirn, Er wollte weg. "Scheiß auf die 10.000 Euro. Scheiß drauf." Gerade als er gehen wollte öffnete sich die Tür und Annabelle de Moivre stand in der Tür. Sie trug das gleiche schwarze, barocke Kleid wie vor einer Woche. Ihr Gesicht war von einer weißen venizianischen Halbmaske verdeckt. Josef konnte nur ihre Augen mit violetten Pupillen - "sicher Kontaktlinsen", dachte Josef - sowie ihren zartrosanen Mund sehen. Erst jetzt viel Josef auf, wie bleich Annabelle doch war. "Wie weißer Marmor" kam es Josef in dem Sinn. "Guten Abend. Herr Streicher. Pünklich wie es sich für einen Profi ihres Schlages gehört. Wenn sie mir folgenen würden." Sie öffnete die Tür und was dahinter lag entäuschte Josef. Ein kurzer mit weißem Marmor gekachelter Gang, der in einer weitern Tür endete aus der gedämpfte Musik klang. Industrial. Josef folgte der Frau und mit jedem Schritt wich seine Angst. "Man wie konnte ich nur so dumm sein." Er kam sich wie ein kleiner Junge vor, der gerade festgestellt hat, dass das Monster unter seinem Bett nur in seiner Phantsie existierte und der sich alle die Jahre nur vor seiner eigenen Phantasie gefürchtet hat. Sie gingen durch die Tür. Dahinter lag eine kleine Gaderobe in der ein etwa 20 jähriges Mädchen saß, das gelangweilt Kaugummi kaute. Auch sie war im barocken Stil gekleidet doch wirkte sie deutlich gesünder als Madame de Moivre. "Den Mantel bitte.", meinte sie zwischen zwei Kaubewegungen. Josef gab ihr seinen Mantel und erhielt eine Zettel mit einer Nummer drauf. 13. Es hingen noch wenig Jacken in der Gaderobe. "Liegt wohl daran, dass es erst 19 Uhr ist und die Bar gerade geöffnet hat," dachte er. Sein Programm sollte auch erst um halb neun beginnen. Sie betraten den Raum.

Montag, Abend.
Josef erwachte. Schmerzen. Höllische Schmerzen. Jeder Nerv seines Körpers schrie. Er versuchte die Augen zu öffnen. Nur Schwärze, neue Schmerzen. Langsam ebbte der Schmerz ab. Jeder Atemzug Linderung. Die Schwärze begann zu verschwinden, bildete Konturen, Formen, Farben. Wo war er nur. Er versuchte den Kopf zu bewegen, was ihm dieser mit einer neuen Schmerzexplosion dankte. Die Konturen kamen ihn bekannt vor. "Das ist doch meine Wohnung," fiel es ihn ein. "Was ist nur geschehen? Was nur?" Einige Minuten später. Plötzlich kam die Veränderung. Gerade noch ein Bündel Schmerzen und jetzt pure Energie. Er fühlte dich pudelwohl und stand auf. Seine Theorie bestätigte sich. Er war wirklich in seiner Wohnung. Neben ihn lag ein Koffer mit Geld. 10.000 Euro. Seine Gage. Darauf ein Brief. Josef öffnete ihn. "Willkommen im Club "After Dark". Wir bedanken uns für ihre Mitgliedschaft und hoffen, dass sie uns bald wieder Besuchen." Josef versuchte sich an die Ereignisse dieses Abends erinnern. Doch da war nichts. Nur Schwärze. Er betrat sein Bad. Ein greller Schrei ging durch seine Wohnung. Kein Spiegelbild! Er betrachtete seine Haut. Bleich! Wie weißer Marmor! Von wächsiger Konsistenz. In diesem Moment riß der Mantel des Vergessens und Josef erinnerte sich an jedes Detail der letzten Tage. An dem Abend in der Bar, seinen Auftritt, der Nacht mit Annabelle, der stechenden Schmerz als sie ihn Biss und zum Mitglied machte, der leblose Körper des Gaderobenmädchens, der süße, liebliche Geschmack ihres Blutes in seinem Mund, die Angst in ihren gebrochenen, toten Augen, sein zurückkommen, seinen Tod vor wenigen Minuten und seine Widergeburt als Wesen der Nacht. "Das Leiden Christi," dachte er mit einem kalten Lächeln auf den Lippen. Jetzt war er ein anderer, etwas anderes, kein Mensch mehr, sonden ein junger Halbgott. Er ist auf die nächste Sprosse der Evolutionsleiter gesprungen. Jetzt war er ein Jäger und die Menschen nur noch Beute. Ja er war ein Jäger und er war hungrig. Er wusch sich und zog sich an. Er musste sich schick machen für den Abend. Für seinen Auftritt im Club. Für sein Abendessen. Für die Jagd.

The Avenger

Er stand alleine auf dem Dach des nächtlichen Hochhauses. Über ihm die Sterne, unter ihm die pulsierende Stadt. Die Lichter der Autos, Laternen, Leuchtreklamen. Alles so klein. Er atmete tief durch. Nein er war nicht hier um die Aussicht zu genießen. Die Einsamkeit auf dem Dach. Nein seine Anwesenheit hatte einen Grund. Dieser Grund befand sich etwa zehn Stockwerke tiefer und hieß Alonzo Refiani. Grundstücksmakler. High Society. Offiziell. Inoffiziell war er die rechte Hand des Paten und er hatte seinen Bruder auf dem Gewissen. Deswegen war er heute hier. Aug um Aug. Zahn um Zahn. Er zündete sich eine Zigarette an. Um die Nerven zu beruigen. Ironie des Schicksals. Sich mit einem Auputschmittel zu beruhigen. Er atmete den Rauch aus, der eine kleine Wolke vor seinem Gesicht bildete und sich danach in der Nacht verteilte. Noch ist es zu früh. Noch musste er warten. Noch sind zu viele Menschen unterwegs, zu viel Aufmerksamkeit. Um sich die Zeit zu vertreiben überprüfte er seine Ausrüstung. Zum 12. mal. Das Seil an der Antenne, dass seinen Sprung abfangen soll, seinen Rucksack mit seinem Rückfahrtschein, die beiden MP5 an seinem Gürtel - Sie sind entsichert, die Magazine sind voll -, seine Kleidung. Sie ist vollkommen schwarz, schwarze Schuhe, enganliegende schwarze Hose, kugelsichere Weste darüber ein schwarzes enganliegendes Oberteil, eine schwarze Skimaske, schwarze Handschuhe. Er blickte über den Rand des Daches. Die Straßen leerten sich. Bald konnte er beginnen. Er überprüfte noch einmal den Knoten seines Seiles. Seine einzige Versicherungen gegen einen schnellen schmerzhaften Tod auf dem Asphalt der Straße. Der Knoten saß. Das andere Seilende fädelte er um seinen Körper. Durch die automatische Kappvorrichtung, um sich davon zu lösen, wenn er sein Ziel erreicht hat. Die Zeit ist gekommen. Er warf seine Zigarette auf den Boden und trat sie aus, dann stellte er sich an den Rand des Daches. Schloß die Augen. Spürte noch für einen Moment die warme aufströmende Luft. Dann sprang er. Für einen kurzen Moment spürte er die Schwerelosigkeit. Hing in der Luft. Dann ging es abwärts. Zehn Stockwerke. Das Seil strafte sich, fing ihn auf. Er rasste auf die Glasfront des Appartments zu. Gott sei dank kein Sicherheitsglas. Sonst wäre er so tot wie eine Fliege die gegen die Frontscheibe eines rasenden LKWs flog. Die Scheiben waren abgedunkelt. Er versteifte seine Beine.

Die Scheibe zerbrach in Millionen kleinster Splitter, die in der Luft standen, sich langsam auf die Straße abregneten, sich im Zimmer dahinter verteilten. Einige Leute sahen nach oben und brachten sich dann schnell vor den Splittern in Sicherheit. Einer rief die Polizei. Der Knall war in der ganzen Straße zu hören gewesen. Der Jäger kappte im Moment des Scheibendurchbruchs sein Seil. Er rollte sich auf dem dahinterliegenden Teppich ab, kam durch den Schwung wieder auf die Beine, zog seine Waffen und schaute sich um. Durch seine Kleidung blieb er komplett unverletzt. Nicht mal eine Schnittwunde. Auf einen blauen Sessel saß ein Mann, ein Bodyguard. Im ersten Moment vollkommen überrascht. Im nächsten Moment wollte er nach seiner Waffe greifen. Es blieb bei dem Wollen. Blut, Gehirnmasse und Knochenstücke versauten den Sessel, als eine Kugel der MP5 seinen Kopf durchlöcherte. Ein sauberer Schuß. Sofort tot. Der Rächer durchquerte das Zimmer zu einer Tür, der Schlafzimmertür Refianis. Er trat mit voller Wucht dagegen. Sie flog mit einem lauten Knal auf. Dahinter das Schlafzimmer. Im Bett lag Refiani, beide Hände an der Bettdecke. Die Decke fast bis zum Hals hochgezogen. Neben ihn ein Mädchen, nackt. Angst stand in ihren Augen. Furchbare Angst. Sie war jung. Mit viel Fantasie 18. Fantasie, die dem Rächer fehlte. "Du Schwein", sties er hervor,"eine Bewegung und du leistest deinem Bodyguard vor der Tür Gesellschaft." Er eilte auf das Bett zu und sprang auf Refiani. Die eine MP5 am Kopf, die andere an der Männlichkeit. Zu viel für das Mädchen. Sie verlor das Bewusstsein. Refiani war wie gelähmt. Er war kreidebleich. "Rede du Schwein. Wo ist Kalgeri? Wohin ist dieser Hurensohn verschwunden nachdem Mord an meinem Bruder. WOHIN!" Der Rächer drückt fester auf die Männlichkeit. Refiani stöhnte auf. Der Bann war gebrochen. "Silvin Road", stöhnte er heiser und mit leichten italienischen Akzent. Der Druck auf sein Gemächt würde stärker. "Silvin Road 85. Appartment 12". Draussen hörte man Geräusche, die sich der Wohnung näherten. Refianis Männer hatten mitbekommen, was sich bei ihrem Chef abspielte. "Danke", sagte der Rächer,"und das ist für die Kleine." Er drückte ab. 2 Kugel machten Refiani zum Eunuchen. Er verlohr das Bewustsein. Blut färbte das Bettlaken rot. Der Rächer sprang auf musterte kurz das Mädchen. Babystrich. Eindeutig drogensüchtig. "Wieder ein unschuldiges Opfer mehr", schoß es dem Rächer durch den Kopf. "Ich kann ihr nicht helfen. So sehr ich auch will." Eine Träne in seinem Auge. Draussen vor der Wohnungstür Lärm. Verdammt er musste raus. Raus aus der Wohnung. Er rannte zur Schlafzimmertür, durch das Zimmer, zum Loch in der Glasfront. In diesem Moment gab die Wohnungstür nach. Fünf Männer stürmten mit gezogenen Waffen in die Wohnung. Der Rächer sprang. Zwei der Männer rannten zum Loch, die anderen drei in das Schlafzimmer. Die Männer beim Loch sahen gerade noch wie sich ein Paraglider öffnete an dem der Rächer durch die Nacht glitt. Sie schossen ein paar mal auf ihn. Ohne Erfolg. Dann war er ausserhalb der Reichweite ihrer Schußwaffen. Sekunden später komplett in der Nacht verschwunden. "Verdammt.", entfuhr es einem der Beiden.

Derweil im Schlafzimmer Refianis. Die drei Männer stürmten in das Schlafzimmer. Sahen die beiden bewusstlosen Menschen im Bett. Einer der drei eilt zu Refiani. Fühlt seinem Puls. "Er lebt noch. Ruf einen Krankenwagen. Schnell." "Was machen wir mit der Kleinen?", fragte der dritte Mann. "Verschwinden lassen, und zwar schnell.", erwiederte der Mann bei Refiani.

Einen Tag später. Morgens. Der Rächer sitzt in seinem unter falschen Namen gebuchten Hotelzimmer. Er ließt Zeitung.
"Schwerer Überfall auf stadtbekannten Immobilienmakler.
Wie wir erfuhren wurde auf den stadtbekannten Immobilienmakler Alonzi Refiani in der Nacht von Vorgestern auf Gestern ein schwerer spektakulärer Überfall verübt. Der oder die Täter drangen über die Frontscheibe seines Appartments im 80. Stock seines Hochhauses ein. Dabei wurde ein Leibwächter Refianis getötet und Refiani schwer verletzt. Gestohlen wurde nichts. Insider vermuten, dass es sich dabei um einen Racheanschlag der Mafia handelt könnte, zu der Refiani Kontakte haben soll. Refianis Anwälte jedoch bestreiten dies vehement. Aus Polizeikreisen gibt es dazu keine Stellungnahme. "Wir ermitteln hierzu", hieß es lapidar aus dem zugehörigen Polizeipräsidium. Refiani befindet sich weiterhin im Krankenhaus. Er schwebe aber nichtmehr in Lebensgefahr, hieß es vom zuständigen Krankenhaussprecher. Soviel zum aktuellen Stand der Dinge. Wir werden natürlich weiterhin über diesen Fall berichten."
Mit unbewegter Mine blättert er weiter. Bis auf die vierte Seite. Dort ein Bild eines Mädchens. Eines toten Mädchens. Das Mädchen aus Refianis Schlafzimmer.
"Mord im Babystrichmilieu.
Gestern Abend wurde die Leiche eines etwa 16 Jahre alten, nackten Mädchens am Ufer des George Kanals durch Kanalarbeiter gefunden. Die Polizei geht von einem Sexualmord aus, da es sich bei dem Opfer um eine polizeibekannte drogensüchtige Stricherin handelt. Inwiefern sich diese Vermutung bestätigt, wisse man erst, wenn der der Obduktionsbericht vorliegt, hieß es aus der Polizeidienststelle. Desweiteren sucht die Polizei nach möglichen Zeugen. Sie sollen sich .... "
Der Kopf des Rächer sinkt in seine Hände. Tränen tropfen auf das Zeitungspapier. "Schon wieder ein unschuldiges Opfer. Warum nur? Wieso musste das nur alles passieren? Wieso nur? Doch bald ist es vorbei. Bald. Nur noch zwei Stationen. Noch zwei Stationen bis zum Mörder meines Bruders. Und dann wird abgerechnet. Abgerechnet für all das Leid. Abgerechnet für alle die unschuldigen Opfer." Die Tränen versiegen. Entschlossenheit steht im Gesicht des Rächers geschrieben. "Oh ja bald ist alles vorbei. Dafür werde ich sorgen."

Skiwanderung

Tote Augen
Welch wunderbares Gefühl war es fallen
Getragen vom Wind
Losgelöst vom Stamm
Um in Neuem gebettet zu zerfallen
Die Form als Ursprung ändert sich
und tote Augen sehen Leben
Und nach Verfall und Kälte
beginnt der Kreis sich zu schließen.
Wir erwachen und bemerken
das Sterben ist ästhetisch bunt
(Oswald Henke)

Einsam stand die Sonne am saphierblauen Himmel. Keine Wolke störte die brennende Flamme an diesem wunderschönen Spätwinternachmittag in den Alpen. Auf weiten Teilen der Berge lag Schnee, der im Schein der Sonne diamanten schimmerte. Dieses idyllische Bild wurde nur durch zwei Flecken auf dem ansonsten makellosen Weiß des Schnees gestört. Zwei Menschen, die auf ihren Skiern, durch ein Schneefeld wanderten. Der eine war ein etwa 50 jähriger Mann, der andere seine 18 jährige Tochter. Er trug einen graublauen Skianzug. Dazu eine abgedunkelte Skibrille um nicht an den reflektierten Sonnenstrahlen zu erblinden. Die Skistöcke hielt er fachmännisch und er bewegte sich sicher über das Schneefeld. Er wirkte durchaus wie ein erfahrener Skiwanderer. Selbiges galt auch für das Mädchen. Auch sie schien diesen Sport nicht zum ersten Mal auszuüben. Ihr schneeweißer Skianzug wirkte moderner als der des Vater. Dazu trug sie eine modische Skibrille.

Die Beiden waren vor etwa einer Stunde von einer kleinen Skihütte aufgebrochen und befanden sich nun auf den Weg ins Tal. Sie kannten den Weg zurück. Sind ihn schon oft gegangen. Sie unterhielten sich, über das Wetter, das gemeinsam verbrachte Wochenende, die Schule, die Zukunft, über was man halt so spricht, wenn man sich irgendwo im nirgendwo befand. Ein bis zwei Stunden von der Zivilisation entfernt.

Der Schnee, auf dem sie sich bewegten, war durch die Sonne leicht feucht und somit glitten sie praktisch problemlos darüber. "Wenn die Bedingungen so bleiben sind wir in gut 2 Stunden am Auto," meinte der Vater. Das Mädchen quitierte den Satz mit einem kurzen Nicken. "Das könnten wir schaffen," meinte sie daraufhin. Sie liefen weiter. Kleine Schneebröcken lösten sich aus der Spur und bildeten Kleinstlawinen von einigen Zentimetern Länge.

Plötzlich ein Schrei. "Scheiße!" Der Vater zuckte zusammen, drehte sich um und sah, wie seine Tochter heftig mit den Armen rudernd stürzte. Schnee rutschte nach unten, weiterer Schnee rutschte nach. Auf dem rutschenden Schnee das Mädchen. "Hey was soll das denn," sagt sie. Sie versuchte zu bremsen, doch es ging nicht. Immer mehr Schnee kam in Bewegung. Abwärts. Der Vater war einen kurzen Moment wie gelähmt, dann schrieh er mit panikerfüllter Stimme: "Mach die flach. Versuch dich festzuhalten. Irgendwo." Er schlug seine Hände vors Gesicht. Das Mädchen versuchte die Ratschläge zu befolgen doch anstatt abzubremsen schien es sie nur noch zu beschleunigen. Sie wurde schneller, immer schneller. Auf den Abgrund zu. "Verdammt es hilft nicht. Was soll ich nur tun?" schrie sie. "Versuch von dem Schneenbett runter zu kommen in den festen Schnee." In diesem Moment realisierte er die Entfernung zum Abgrund. Ihm stockte der Atem. Die Augen waren weit aufgerissen. Ein leises "Oh mein Gott" entstöhmte sein Lippen. "Dad was ist los? Verdammt was is los?" Panik. Das Mädchen drehte sich um und verstummte. Vor Schreck gelähmt sah sie den Abgrund auf sich zurasen. Sah die Wand auf der anderen Seite der Schlucht. Konnte die Tiefe erahnen. Sie began zu schreien, panisch versuchte sie festen Grund unter ihre Finger zu bekommen, sich irgendwo festzuhalten. Vergeblich.

Alles schien wie in Zeitluppe, als sie über den Rand schoß. Plötzlich kein Schnee mehr zwischen den Fingern. Das Gefühl von Schwerelosigkeit. Alles so unendlich langsam. Millimeterweise bewegte sie sich weiter, begann zu Fallen. Die Geschwindigkeit ließ nach. Die Schwerkraft begann zu wirken. Ihr Gesicht vom Schrecken gezeichnet. Der Mund weit aufgerissen, die Lippen blutleer. Die Pupillen geweitet. Zwei Trophen Speichel lösten sich aus ihren Mund. Sie schienen, ebenso wie die aufgewirbelten Schneekristalle in der Luft stehenzubleiben, während sie weiter fiel. Der Vater stürzte auf die Knie, die behandschuhten Hände vor dem Gesicht. Ein leises "Nein". Lauter "Nein" immer lauter "Nein" "NEEEEEIIIIIINNNNNN!!!!!!" Er hörte die Schreie seiner Tochter. Wie sie leiser wurden je tiefer sie fiel. Wie Echo hinzukam. Dann ein dumpfer Schlag tausendfach durch das Echo der Wände verstärkt. Augenblicklich Stille. Der Vater kippte auf seine Hände. Tränen sammelten sich in seinen Augen. Fielen auf die Visier der Schneebrille. Ein markerschütternder Schrei. Vögel stoben auf. Er heulte. Exodus.

Morgen

Just remember the death is not the end (Bob Dylan/Nick Cave)

Fröhlich begannen die ersten Vögel zu zwitschern, die ersten Insekten packten ihr Tagesgeschäft an und die aufgehende Sonne tauchte die Welt in ein zartes orange-rosa. Es ist 5 Uhr als ich an diesem Tage erwachte. In einer halben Stunde ging der Bus und in einer Stunde begann meine Schicht. Ich ließ die Szenerie einige Sekunden auf mich wirken und schälte mich dann vorsichtig aus dem Bett um meine Frau nicht zu wecken. Ich blickte auf das nun in zartrosa getauchte Bett. Betrachtete ihren sich gleichmässigen hebenden Brustkorb - ein schlafender Engel. Ich ging ins Bad um mich für den Tag frisch zu machen, rasiern, duschen, kämmen. Man kennt es ja. Währenddessen blickte ich immer wieder mal aus dem Badfenster um die leere Straße zu betrachten. Um diese Uhrzeit ist alles so idylische, so leer. Als wäre die Stadt ausgestorben. Ich zog mich an machte mir ein kleines Frühstück, 2 Tassen Kaffee, belegte Brote, ein Apfel und verließ daraufhin die Wohnung. Natürlich nicht ohne mich davor von meiner Frau zu verabschieden. Ein sanfter Kuss auf ihre zartrosa Wange.

Ich schlenderte die Gasse zur Bushaltestelle herab. Dort sah man dann die ersten Menschen. Verschlafen aussehende Leute, die mein Schicksal teilten. Frühschicht. Man nickte sich müde zu und wartete gemeinsam, schweigend auf den Bus. Der Lärm des Busmotors zerstörte nun endgültig die Idylle. Die Leute stiegen ein und setzen sich an ihre Stammplätze. Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine feste Sitzordnung in dem Bus. Sie saßen in etwa gleichverteilt in dem Bus; möglichst so dass keiner den anderen anschaun musste. Die einen begannen ein Nickerchen, die nächsten hörten Musik mit Kopfhörer. Einer las Zeitung. Ich schaute aus dem Fenster und betrachtete die langsam erwachende Stadt. Vereinzelt sah man Menschen auf den Strassen. Die einen zu ihren Autos schlendernd, die anderen laufend um ihren Bus zu erreichen. So fuhr der Bus seine Route ab, Menschen stiegen ein, stiegen aus. Zwei begannen leise sich zu unterhalten. Sport, die Wochenendplanung, das Neueste aus der Boulevard Presse. unwichtiges Zeug halt. Während ich also so nach draussen schaute erblickte ich in der ferne einen Menschen auf der Straße liegen. Zwar noch über 200 Meter entfernt und trotzdem war es klar das etwas nicht stimmte. Selbiges dachte sich wohl auch der Busfahrer und bremste ab.

Er bliebt in etwa auf Höhe des liegenden Mannes stehen und stieg aus. Er ging auf den Mann zu als man schon die Sirenen der Polizei hörte und ein Polizeiwagen angerast kam. Der Busfahrer blieb stehen und wartete auf die Polizisten. Diese stiegen etwa eine Minute später aus ihren Streifenwagen aus und gingen ebenfalls auf den Mann zu. Einer der beiden stieß den Liegenden mit seinem Fuß an. Die beiden Polizisten sprachen kurz miteinander, der eine ging zurück zum Auto der andere begann damit die Stelle abzusichern. Derweil stieg der Busfahrer
wieder ein und begann mit folgender Durchsage."Guten Morgen werte Reisende.
Wenn sie nun eine echte Leiche sehen wollen, dann schauen sie bitte links."
Er blieb noch einige Augenblicke stehen und fuhr dann weiter. Der neue Tag hatte gerade erst begonnen ...