Er stand alleine auf dem Dach des nächtlichen Hochhauses. Über ihm die Sterne, unter ihm die pulsierende Stadt. Die Lichter der Autos, Laternen, Leuchtreklamen. Alles so klein. Er atmete tief durch. Nein er war nicht hier um die Aussicht zu genießen. Die Einsamkeit auf dem Dach. Nein seine Anwesenheit hatte einen Grund. Dieser Grund befand sich etwa zehn Stockwerke tiefer und hieß Alonzo Refiani. Grundstücksmakler. High Society. Offiziell. Inoffiziell war er die rechte Hand des Paten und er hatte seinen Bruder auf dem Gewissen. Deswegen war er heute hier. Aug um Aug. Zahn um Zahn. Er zündete sich eine Zigarette an. Um die Nerven zu beruigen. Ironie des Schicksals. Sich mit einem Auputschmittel zu beruhigen. Er atmete den Rauch aus, der eine kleine Wolke vor seinem Gesicht bildete und sich danach in der Nacht verteilte. Noch ist es zu früh. Noch musste er warten. Noch sind zu viele Menschen unterwegs, zu viel Aufmerksamkeit. Um sich die Zeit zu vertreiben überprüfte er seine Ausrüstung. Zum 12. mal. Das Seil an der Antenne, dass seinen Sprung abfangen soll, seinen Rucksack mit seinem Rückfahrtschein, die beiden MP5 an seinem Gürtel - Sie sind entsichert, die Magazine sind voll -, seine Kleidung. Sie ist vollkommen schwarz, schwarze Schuhe, enganliegende schwarze Hose, kugelsichere Weste darüber ein schwarzes enganliegendes Oberteil, eine schwarze Skimaske, schwarze Handschuhe. Er blickte über den Rand des Daches. Die Straßen leerten sich. Bald konnte er beginnen. Er überprüfte noch einmal den Knoten seines Seiles. Seine einzige Versicherungen gegen einen schnellen schmerzhaften Tod auf dem Asphalt der Straße. Der Knoten saß. Das andere Seilende fädelte er um seinen Körper. Durch die automatische Kappvorrichtung, um sich davon zu lösen, wenn er sein Ziel erreicht hat. Die Zeit ist gekommen. Er warf seine Zigarette auf den Boden und trat sie aus, dann stellte er sich an den Rand des Daches. Schloß die Augen. Spürte noch für einen Moment die warme aufströmende Luft. Dann sprang er. Für einen kurzen Moment spürte er die Schwerelosigkeit. Hing in der Luft. Dann ging es abwärts. Zehn Stockwerke. Das Seil strafte sich, fing ihn auf. Er rasste auf die Glasfront des Appartments zu. Gott sei dank kein Sicherheitsglas. Sonst wäre er so tot wie eine Fliege die gegen die Frontscheibe eines rasenden LKWs flog. Die Scheiben waren abgedunkelt. Er versteifte seine Beine.
Die Scheibe zerbrach in Millionen kleinster Splitter, die in der Luft standen, sich langsam auf die Straße abregneten, sich im Zimmer dahinter verteilten. Einige Leute sahen nach oben und brachten sich dann schnell vor den Splittern in Sicherheit. Einer rief die Polizei. Der Knall war in der ganzen Straße zu hören gewesen. Der Jäger kappte im Moment des Scheibendurchbruchs sein Seil. Er rollte sich auf dem dahinterliegenden Teppich ab, kam durch den Schwung wieder auf die Beine, zog seine Waffen und schaute sich um. Durch seine Kleidung blieb er komplett unverletzt. Nicht mal eine Schnittwunde. Auf einen blauen Sessel saß ein Mann, ein Bodyguard. Im ersten Moment vollkommen überrascht. Im nächsten Moment wollte er nach seiner Waffe greifen. Es blieb bei dem Wollen. Blut, Gehirnmasse und Knochenstücke versauten den Sessel, als eine Kugel der MP5 seinen Kopf durchlöcherte. Ein sauberer Schuß. Sofort tot. Der Rächer durchquerte das Zimmer zu einer Tür, der Schlafzimmertür Refianis. Er trat mit voller Wucht dagegen. Sie flog mit einem lauten Knal auf. Dahinter das Schlafzimmer. Im Bett lag Refiani, beide Hände an der Bettdecke. Die Decke fast bis zum Hals hochgezogen. Neben ihn ein Mädchen, nackt. Angst stand in ihren Augen. Furchbare Angst. Sie war jung. Mit viel Fantasie 18. Fantasie, die dem Rächer fehlte. "Du Schwein", sties er hervor,"eine Bewegung und du leistest deinem Bodyguard vor der Tür Gesellschaft." Er eilte auf das Bett zu und sprang auf Refiani. Die eine MP5 am Kopf, die andere an der Männlichkeit. Zu viel für das Mädchen. Sie verlor das Bewusstsein. Refiani war wie gelähmt. Er war kreidebleich. "Rede du Schwein. Wo ist Kalgeri? Wohin ist dieser Hurensohn verschwunden nachdem Mord an meinem Bruder. WOHIN!" Der Rächer drückt fester auf die Männlichkeit. Refiani stöhnte auf. Der Bann war gebrochen. "Silvin Road", stöhnte er heiser und mit leichten italienischen Akzent. Der Druck auf sein Gemächt würde stärker. "Silvin Road 85. Appartment 12". Draussen hörte man Geräusche, die sich der Wohnung näherten. Refianis Männer hatten mitbekommen, was sich bei ihrem Chef abspielte. "Danke", sagte der Rächer,"und das ist für die Kleine." Er drückte ab. 2 Kugel machten Refiani zum Eunuchen. Er verlohr das Bewustsein. Blut färbte das Bettlaken rot. Der Rächer sprang auf musterte kurz das Mädchen. Babystrich. Eindeutig drogensüchtig. "Wieder ein unschuldiges Opfer mehr", schoß es dem Rächer durch den Kopf. "Ich kann ihr nicht helfen. So sehr ich auch will." Eine Träne in seinem Auge. Draussen vor der Wohnungstür Lärm. Verdammt er musste raus. Raus aus der Wohnung. Er rannte zur Schlafzimmertür, durch das Zimmer, zum Loch in der Glasfront. In diesem Moment gab die Wohnungstür nach. Fünf Männer stürmten mit gezogenen Waffen in die Wohnung. Der Rächer sprang. Zwei der Männer rannten zum Loch, die anderen drei in das Schlafzimmer. Die Männer beim Loch sahen gerade noch wie sich ein Paraglider öffnete an dem der Rächer durch die Nacht glitt. Sie schossen ein paar mal auf ihn. Ohne Erfolg. Dann war er ausserhalb der Reichweite ihrer Schußwaffen. Sekunden später komplett in der Nacht verschwunden. "Verdammt.", entfuhr es einem der Beiden.
Derweil im Schlafzimmer Refianis. Die drei Männer stürmten in das Schlafzimmer. Sahen die beiden bewusstlosen Menschen im Bett. Einer der drei eilt zu Refiani. Fühlt seinem Puls. "Er lebt noch. Ruf einen Krankenwagen. Schnell." "Was machen wir mit der Kleinen?", fragte der dritte Mann. "Verschwinden lassen, und zwar schnell.", erwiederte der Mann bei Refiani.
Einen Tag später. Morgens. Der Rächer sitzt in seinem unter falschen Namen gebuchten Hotelzimmer. Er ließt Zeitung.
"Schwerer Überfall auf stadtbekannten Immobilienmakler.
Wie wir erfuhren wurde auf den stadtbekannten Immobilienmakler Alonzi Refiani in der Nacht von Vorgestern auf Gestern ein schwerer spektakulärer Überfall verübt. Der oder die Täter drangen über die Frontscheibe seines Appartments im 80. Stock seines Hochhauses ein. Dabei wurde ein Leibwächter Refianis getötet und Refiani schwer verletzt. Gestohlen wurde nichts. Insider vermuten, dass es sich dabei um einen Racheanschlag der Mafia handelt könnte, zu der Refiani Kontakte haben soll. Refianis Anwälte jedoch bestreiten dies vehement. Aus Polizeikreisen gibt es dazu keine Stellungnahme. "Wir ermitteln hierzu", hieß es lapidar aus dem zugehörigen Polizeipräsidium. Refiani befindet sich weiterhin im Krankenhaus. Er schwebe aber nichtmehr in Lebensgefahr, hieß es vom zuständigen Krankenhaussprecher. Soviel zum aktuellen Stand der Dinge. Wir werden natürlich weiterhin über diesen Fall berichten."
Mit unbewegter Mine blättert er weiter. Bis auf die vierte Seite. Dort ein Bild eines Mädchens. Eines toten Mädchens. Das Mädchen aus Refianis Schlafzimmer.
"Mord im Babystrichmilieu.
Gestern Abend wurde die Leiche eines etwa 16 Jahre alten, nackten Mädchens am Ufer des George Kanals durch Kanalarbeiter gefunden. Die Polizei geht von einem Sexualmord aus, da es sich bei dem Opfer um eine polizeibekannte drogensüchtige Stricherin handelt. Inwiefern sich diese Vermutung bestätigt, wisse man erst, wenn der der Obduktionsbericht vorliegt, hieß es aus der Polizeidienststelle. Desweiteren sucht die Polizei nach möglichen Zeugen. Sie sollen sich .... "
Der Kopf des Rächer sinkt in seine Hände. Tränen tropfen auf das Zeitungspapier. "Schon wieder ein unschuldiges Opfer. Warum nur? Wieso musste das nur alles passieren? Wieso nur? Doch bald ist es vorbei. Bald. Nur noch zwei Stationen. Noch zwei Stationen bis zum Mörder meines Bruders. Und dann wird abgerechnet. Abgerechnet für all das Leid. Abgerechnet für alle die unschuldigen Opfer." Die Tränen versiegen. Entschlossenheit steht im Gesicht des Rächers geschrieben. "Oh ja bald ist alles vorbei. Dafür werde ich sorgen."
Alles neu 2011?
vor 14 Jahren
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